Straßenschild in der Berliner Stadtmitte

Wohnungsneubau heute? Der Entwurf für die Fischerinsel

In Sichtweite von historisierendem Altstadtkern, Fernsehturm und neu zu errichtendem Stadtschloss wird in den nächsten Jahren ein Wohnungsneubau entstehen, der mit kleinen Wohnungen dem Verlust bezahlbaren Wohnraums in der Innenstadt von Berlin entgegenwirken soll.

Parkplatz mit Baumbestand im Herbst

Besonderheit des Grundstücks ist seine Lage auf dem Gebiet des alten Stadtkerns der Doppelstadt Berlin-Cölln. Bis in die 1960er Jahre eng bebaut, bewirkten Abriss und moderne Stadtplanungen in der DDR völlig neue Stadträume. Begrenzt von Spreeufer und Mühlendamm/Gertraudenstraße umfasst das ruhige Quartier Wohnhochhäuser, Schwimmhalle und das nach Abriss des ehemals denkmalgeschützten Gemeinschaftszentrums „Ahornblatt“ neu errichtete Versorgungszentrum. Das Grundstück liegt am historisch bedeutsamen, heute durch die Verkehrsachse komplett überbauten Petriplatz, der durch entsprechende bauliche Maßnahmen (z.B. den interreligiösen Neubau „House of one“) zukünftig neu qualifiziert werden soll.

Breite Straße mit Hochhäusern im Hintergrund

Im Rahmen der Berliner Neubauoffensive des öffentlich geförderten Wohnungsbaus beabsichtigt die WBM Wohnungsbaugesellschaft Berlin-Mitte auf einem Grundstück an städtebaulich exponierter Stelle einen Neubau mit ca. 200 Wohnungen zu errichten. Bei dem Grundstück handelt es sich um einen Teil der Arrondierungsfläche, die rund um die sechs bis zu 21-geschossigen Wohnhochhäuser auf der Fischerinsel belassen wurde.

Zur architektonischen Qualifizierung des Gebäudes und mit dem Ziel der Einbindung in die angrenzenden Stadträume der Berliner Zentrumslage führte die WBM einen europaweit ausgeschriebenen Architekturwettbewerb durch, aus dem der Entwurf von DMSW Dahlhaus Müller Wehage Architekten (Berlin) als 1. Preisträger hervorging.

aus der Begründung der Jury:

„Der Entwurf … thematisiert die Maßstäblichkeiten des städtebaulichen Umfeldes. An der Schnittstelle von Hochhausbebauung der 1960er Jahre und den Neuplanungen zur Rückgewinnung historischer Stadträume um den Köllnischen Fischmarkt schließt die Figur zur Mühlendammbrücke mit dem turmartigen 19-geschossigen Kopfbau ab. So gelingt einerseits die maßstäbliche Kompkettierung des Stadtraums an Breite Straße und Köllnischem Fischmarkt und andererseits der stadträumliche Dialog mit der Hochhausbebauung auf der Fischerinsel.“
(aus: WBM, Wohnungsneubau Fischerinsel, Dokumentation 2015.)

Der Entwurf des Siegerbüros greift die Höhen der umliegenden Gebäude sowohl der Hochhäuser als auch der Neubauten an der Gertraudenstraße auf, so dass eine städtebauliche Klammer entsteht. Es schließt als U-förmiges Blockrandgebäude mit seiner Längsseite an die Straße „Fischerinsel“ ab und führt die begonnene Struktur des Naherholungszentrums weiter. In den Blickachsen entlang der Verkehrsachse und vom Stadtzentrum her soll ein Turmgebäude entstehen, das gegenüber den städtebaulichen Vorgaben des derzeitigen zu überarbeitenden Bebauungsplans einen klaren Bruch bedeutet. Die Fassadengestaltung entwickelt die Gliederung der Gebäude aus den 1960er Jahren weiter, indem schallgeschützte verglaste Wintergärten sich mit Loggien und Fenstern abwechseln. Die Grundrisse der Wohneinheiten heben sich wohltuend von zeitgenössischen Entwürfen ab, indem sie häufig weitgehend quadratische Wohnräume und in sich abgeschlossene Küchen ermöglichen. Auf eine ausreichende Belichtung insbesondere der Wohnräume wurde geachtet. Die Gewerbeflächen im Erdgeschoss ermöglichen aufgrund ihrer Größe eine Varianz in der Nutzungsform, wobei eine straßenseitige Zuwegung ausreichend gewährleistet ist.

Die Architekturentwürfe sind auf den Seiten von competitionline hier einsehbar. Inwieweit die städtebauliche Klammer sich in der alteingesessenen und zukünftigen Bewohnerschaft auf der Fischerinsel wiederspiegeln wird, bleibt abzuwarten. Ich bin gespannt auf die weitere Qualifizierung des Entwurfs insbesondere hinsichtlich der Grundrisslösungen für gemeinschaftliche Wohnflächen!

Links

WBM Wohnungsbaugesellschaft Berlin-Mitte, Link zum Neubauvorhaben
Architektenbüro DMSW Dahlhaus Müller Wehage