Rund um den Fennpfuhl – Ideal und Realität

Mit dem 1956/57 ausgeschriebenen Architekturwettbewerb „Fennpfuhl“ begann die Planung jener Großsiedlung, welche im Bezirk Lichtenberg auf einem Gebiet von 75 Hektar Wohnraum für ungefähr 20.000 Menschen schaffen sollte. Der siegreiche Entwurf des Hamburger Architekten Ernst May zeichnete sich durch unregelmäßig verteilte, in der Höhe variierende Wohnblöcke, zumeist in Zeilenbauweise, aus. Den Durchgangsverkehr wollte May möglichst aus der Siedlung verbannen, Versorgungseinrichtungen sollten durch ausgedehnte Grünflächen zu Fuß erreichbar sein. Das Stadtteilzentrum war an einer künstlichen Seeanlage, dem sogenannten Fennpfuhl, anzusiedeln.

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Was ist der Fennpfuhl? – Grünes Wohnen unter besten Bedingungen

Nach den idealtypischen Prinzipien eines von der DDR-Führung so genannten sozialistischen Wohnkomplexes sollten die Wohngebäude in sich gruppierten Einheiten um ein Stadtteilzentrum mit funktionaler Bedeutung für alle Bewohner entstehen. Augenscheinlich lässt sich das Gebiet daher zunächst in 3 Einheiten einteilen. Zum einen den Bereich nördlich der Landsberger Allee, zum anderen den Bereich südlich der Hauptmagistrale, welcher sich rund um den Anton-Saefkow-Platz orientiert. Der dritte Teil des Gebietes Fennpfuhl wird durch das Altenhofer Dreieck gebildet.

Fennpfuhl1Deutlich wird, dass das Gebiet eher durch eine Innenorientierung lebt, und nicht im Ganzen funktioniert. Das Gebiet lebt von einer gewissen Großzügigkeit durch Grün- und Außenräume (Fennpfuhl und Fennpfuhlpark), welche in Korrespondenz mit den halböffentlichen begrünten Innenhof-Bereichen der Wohnkomplexe stehen.

Fennpfuhl10Ein heute strukturelles Problem des Wohngebiets ist der Anton-Saefkow-Platz. Dieser großzügige Platz in renommierter, zentraler Lage leidet unter der Stilllegung des ehemaligen Kaufhauses, sowie dem Abriss der nahegelegenen beliebten Seeterassen im Jahr 2008 und der Tristesse der starren und statischen Betonoberflächen.

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Fennpfuhl6_StadtteilzentrumDas Stadtteilzentrum

Unter dem Leitbild „Urbanität durch Dichte“ des Bebauungskonzeptes entstanden bis 1986 etwa 15.500 Wohnbauten in Plattenbautechnik, Versorgungseinrichtungen am Fennpfuhl6_Bibliothekzentralen Anton-Saefkow-Platz sowie der Park um den namensgebenden Fennpfuhl. Die Konzentration von gemeinschaftlich genutzten Funktionsgebäuden im Zentrum der Siedlung bedeuteten insbesondere von den „Rändern“ her weite Wege. Alltägliche Fennpfuhl11Bedürfnisse der Wohnbevölkerung in der Siedlung sollten auf kurzem Wege im Stadtteilzentrum befriedigt werden können.  Einkaufsmöglichkeiten wurden im zentralen Kaufhaus zusammen gefasst, welches in den letzten Jahren seit 2008 leerstand und nun zu Wohnungen im Luxussegment umstrukturiert wurde. Die Schwimmhalle befindet sich ebenso in Zentrumsnähe wie die Bibliothek, welche im Sockel eines der Hochhäuser am Anton-Saefkow-Platz untergebracht ist.

Die Bewohner

Fennpfuhl7Das Sinken des Altersdurchschnitts der Bewohner ist unter anderem im Zuzug von Menschen mit Mitgrationshintergrund zu suchen, denn zwei Drittel der Altersgruppen der bis 45-Jährigen haben einen solchen. Dieses geringe Durchschnittsalter ist unter anderem darin zu begründen, dass der Stadtteil Ziel von jüngeren Wanderungsbewegungen nach der Wende aus den GUS-Staaten (der Anteil ist im Berlinvergleich doppelt so hoch) und aus Vietnam ist. Dennoch liegt der Gesamtschnitt der Einwohner mit Migrationshintergrund mit 17,6 % noch deutlich unter dem Berliner Schnitt von 25,5 %.
Die zunehmende Notwendigkeit barrierefreier Zugänge zu Gemeinschaftseinrichtungen und Wohngebäuden ist durch die größten Immobilienbesitzer im Gebiet, eine  Fennpfuhl6_SchwimmhalleWohnungsgenossenschaft und ein landeseigenes Wohnungsunternehmen erkannt und angegangen worden. Insbesondere die Älteren schätzen die Angebote der medizinischen Versorgung (z.B. medizinischer Sport in der umgebauten Kita an der Herbert-Tschäpe-Straße) und die vielen Grünflächen.

Den individuellen Bedürfnissen nach Licht und Offenheit zum Außenraum kommt die Gebäudestruktur entgegen, die fast allen Bewohnern Balkone ermöglicht. Fennpfuhl4

Die Wohnungsgröße hingegen wird als zufriedenstellend, von einigen Bewohnern aber als zu klein empfunden.

Standardisierter Wohnungsgrundriss im Bautyp WBS 70

Standardisierter Wohnungsgrundriss im Bautyp WBS 70

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Bürgerverein Fennpfuhl e.V.

Anmerkung: Der Beitrag beruht u.a. auf Forschungen, die eine Gruppe von Studierenden im Wintersemester 2010/11 im Rahmen des Ausstellungsprojektes „Berliner Wohnsiedlungen des 20. Jahrhunderts – Idee, Realität, Perspektive“ am Center for Metropolitan Studies der TU Berlin durchführte.