Neuruppin – Neuplanung im rechten Winkel

Das städtebauliche Bild von Neuruppin ist geprägt von sicherheitspolitischen Entscheidungen des 18. Jahrhunderts. Nach einer Brandkatastrophe 1787, die mehr als zwei Drittel der innerhalb der Stadtmauern gelegenen Gebäude zerstörte, wurde die Stadt nach feuerpolizeilichen und militärischen Gesichtspunkten wieder aufgebaut. Politiker und Planer gestalteten die Stadt nach den städtebaulichen Leitbildern des Klassizismus um.

Quelle: „Neuruppin 1789“ von Bernhard Mattias Brasch - scanned from Preußen - Kunst und Architektur, published by Gerd Streidt and Peter Feierabend, 1999.

Quelle: „Neuruppin 1789“ von Bernhard Mattias Brasch – scanned from Preußen – Kunst und Architektur, published by Gerd Streidt and Peter Feierabend, 1999.

 

Stadtgrundriss nach dem Brand 1787

Wie ein Blick auf den heutigen Stadtplan zeigt, kam die auf diesem Stadtgrundriss eingezeichnete Stadterweiterung nach Westen hin nicht zur Ausführung. Auf den ehemaligen Wallanlagen, die auch für andere Brandenburgische Städte typisch sind (z.B. Bernau, Templin) entstand u.a. der Tempelgarten als Grünanlage.

Neuruppin6Der preußische König Friedrich Wilhelm II. entsandte eigens Experten nach Neuruppin, um vor Ort eine Stadt nach den neuesten Leitbildern, die vor allem von Brandschutzbestimmungen und militärischen Vorgaben beeinflusst waren, zu gestalten. Dies bedeutete vor allem großmaßstäblich rechtwinklig angelegte, breite Straßenzüge, gesäumt von zweistöckigen, traufständischen Gebäuden.

Neuruppin1Da diese im Verhältnis zur Straßenbreite zu niedrig sind, kommt es im Innenstadtbereich zu einem Eindruck der Unproportionalität. Die Weitläufigkeit des Straßenbildes mit großen Häuserblöcken erklärt sich in der Draufsicht durch große Innenbereiche, die auf den privaten Hausrückseiten viel Grünraum ermöglichen. Dies steigert die dortige Wohnqualität in hohem Maße.

Neuruppin5Vom Bahnhof am Rheinsberger Tor zieht sich die Einkaufsstraße in Nord-Süd-Richtung durch die Stadt und wird durch einige Passagen (z.B. Theodor Fontante-Passage) ergänzt. Sie verläuft am Alten Gymnasium vorbei, das 1790 auf einem kompletten Häuserblock entstand und heute die Fachhochschule beherbergt. Im südlichen Stadtkern befindet sich ein großer Exerzierplatz, wie wir ihn in vielen militärisch geprägten Städten dieser Zeit finden (z.B. Neuf-Brisach, Frankreich durch Vauban) und der heute als Parkanlage genutzt wird.

weitere architektonische Geschichtszeugnisse

Neuruppin_SiechenstrasseDie komplette Neuordnung des Stadtgrundrisses, inklusive Straßenzügen, bedeutete einen umfassenden Eingriff in die Besitzverhältnisse der Gründstückseigner. Vom großen Stadtbrand verschont blieben einige wenige Straßenzüge im östlichen Bereich zum Ruppiner See hin, die eine mittelalterliche Bebauungsstruktur, z.B. in der Siechenstraße erkennen lassen.

Auf der Ringstraße rund um die Altstadtmauer (unterbrochen von der Öffnung zum See) lässt sich in Stil der Bebauung gut die Stadterweiterung des 19. Jahrhunderts nachvollziehen, die hier zu barocken Verwaltungsgebäuden und der Ansiedlung von Fabrikanlagen führte.

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Links
Näheres zu den politischen Hintergründen der Neugestaltung nach 1787 in der Dissertation von Christof Baier, Zehdenick. Das Bürgerhaus um 1800, 2005. (veröffentlicht auf den Seiten der HU Berlin)
AG Historische Stadtkerne zu Neuruppin