Le Havre – Eine Stadt nach Auguste Perret

LeHavre_SeeseiteDas Erscheinungsbild von Le Havre wie wir die Stadt heute sehen, ist von den gebauten Entwürfen des Architekten Auguste Perret (1874-1954) geprägt. Die Ganzheitlichkeit der Siedlung direkt am Meer wurde möglich durch die britischen Luftzerstörungen 1944. Zu dieser Zeit war Le Havre von deutschen Besatzern kontrolliert. Die über hundert Gebäude und der einzigartige Kirchenbau errichteten die Planer auf dem Gebiet der alten Innenstadt.

Wiederaufbau 1945-64

Le Havre - Place de l'Hotel de Ville

Nach dem Krieg machte sich das Ministère de la Reconstruction et de l’Urbanisme (MRU) an den Wiederaufbau und schuf mit der politisch sozialistisch orientierten Stadtregierung ein Ensemble, das ähnlich wie überall in Europa, durch den industriellen Massenwohnungsbau möglich wurde. Mit einem prägenden Merkmal: Perret nutzte durch Verschalungssysteme exzessiv Sichtbeton als Baumaterial – zur damaligen Zeit noch eine Besonderheit.

LeHavreLeHavre_StJoseph

Auf einem orthogonalen Stadtgrundriss entstanden Gebäude mit allen Funktionen, die eine Stadt nach damaligen Maßstäben benötigte. Wohngebäude, Einkaufsstraße, Kulturzentrum (Le volcan, Architekt Oscar Niemeyer) und eine Kirche – in futuristisch anmutender Kirchenform. Auf die überkommene Stadtstruktur nahm Perret, der vorrangig von Paris aus arbeitete, keine Rücksicht. Nach dem Prinzip „Licht, Luft, Sonne“ orientierte der Architekt die Bauten am Sonnenverlauf und varrierte dem angepasst die Gebäudehöhen. In den Innenhöfen waren Gemeinschaftsgärten geplant, die heute weitgehend als Parkplätze genutzt werden und damit ihren ursprünglichen Charakter verloren haben. Die ehemalige Bevölkerung der innerstädtischen Viertel, die ab 1947 in die neuen Häuser einzog, wurde in den „Ilots“ (Gebäudeensemble) komplett neu gemischt.

L’appartement témoin

Le HavreDie Visionen der Erbauer, in welcher Weise in ihren Wohnungen zu leben sei, lassen sich noch heute in einer Musterwohnung besichtigen. Möblierung und Küchenutensilien orientierten die Entwickler an funktionalen Bedürfnissen und vermitteln heute einen Eindruck der Behaglichkeit. Während die privaten Räumlichkeiten der ca. 100 m² großen Wohnung wie Kinder- und Schlafzimmer im hofseitigen Teil gelegen sind, öffnen sich das Wohnzimmer und der Arbeitsraum zur Straße hin. Das innenliegende Bad ist nach heutigen Maßstäben sehr großzügig bemessen und von verschiedenen Räumen aus begehbar. Flexible Schiebetüren und Glaseinsätze in den Türen sorgen für ausreichend Tageslicht im Wohnungsinneren.

Links

Seite der Unesco zum Weltkulturerbe
Kurzfilm zur Musterwohnung (arte 2012):