Die Festungsstadt Neuf-Brisach

Neuf-Brisach entstand um 1700 unter König Ludwig XIV. von Frankreich als nach militärischen Prinzipien gestaltete Planstadt in Rheinnähe. Die städtebauliche Umsetzung als Achteck mit einem schachbrettförmigen Grundriss der Häuserblöcke gründete sich auf den Belagerungserfahrungen des französischen Planers und Ingenieurs Sébastien Le Prestre, Marquis de Vauban. Die bauliche Umsetzung erfolgte in den Jahren 1698-1703 (Kirche und Rathaus kamen erst Mitte des 18. Jahrhunderts hinzu).

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„Plan citadelle Neuf Brisach“ von Sébastien Le Prestre de Vauban – http://theudericus.free.fr/Vauban/Neuf-Brisach_Plan.jpg. Lizenziert unter Gemeinfrei über Wikimedia Commons

Die im Plan von 1697 (siehe oben) noch vorgesehene westliche Stadterweiterung kam später nicht mehr zur Ausführung. Landschaftlich fanden die Planer ideale Bedingungen vor, die eine Umsetzung möglich machten, ohne sich an Geländevorgaben anpassen zu müssen.

Neuf-Brisach3Vaubans Entwurf sah einen Stadtgrundriss vor, der gut 5.000 Menschen in den wehrhaften, zitadellenartigen Mauern dauerhaften Wohn- und Aufenthaltsort bieten konnte.

Wohnstadt

Neuf-Brisach1Quadratische Häuserblöcke auf einer Länge von 50×50 Metern geben dem Stadtbild eine sehr geordnete Erscheinung. Die regelmäßigen Straßenzüge gruppieren sich um den zentralen und sehr weitläufigen Exerzierplatz, der heute unter anderem als Marktplatz genutzt wird. Er verfügt jedoch aufgrund seiner kompletten Versiegelung über wenig Aufenthaltsqualität.  Die meist zweistöckigen Wohn- und Funktionsgebäude sind entlang der Straßen angeordnet und hinterlassen in ihrer Kubatur einen stark ländlichen Eindruck. Sie stammen zu einem guten Teil aus der Zeit nach 1870, da die Stadt im deutsch-französischen Krieg 1870-71 belagert und dabei gut die Hälfte der Gebäude zerstört oder schwer beschädigt worden war. Sie wurden im Anschluss wieder aufgebaut.

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Funktionsgebäude der Gemeinde: L’église St. Louis

Neuf-Brisach5Mit dem Bau der Kirche als Zentrum der religiösen Gemeinde von Neuf-Brisach begann man erst 1736, gut 30 Jahre nach Zuzug der ersten Stadtbewohner. Gebäudeform und Proportionen passen sich an die Struktur der Wohnhäuser an: die Kirche ist in ihrer äußeren Anmutung ebenfalls zweistöckig, wenn auch höher gezogen und schließt in der Traufhöhe mit den Dachfirsten der umliegenden Häuser ab. Erst der barocke Kirchturm erhebt die Kirche über die Gleichförmigkeit der Stadtarchitektur heraus und dominiert den zentralen Stadtplatz.

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Nach Aufgabe der Garnison 1992 ist die Stadt heute eine Wohnstadt ohne räumliche Erweiterungspotenziale, deren arbeitende Bevölkerung in die Nachbarorte und größeren Städte pendelt.

Link
Listeneintrag Unesco Weltkulturerbe „Festungsanlagen von Vauban“ (englisch)